Am Mittwoch wurden in der Schweiz sieben zum Teil hochrangige Funktionäre der FIFA aufgrund von Korruptions- und Geldwäschevorwürfen festgenommen. Manch einen Leser hat es eventuell überrascht und vielleicht auch etwas geschockt. Aber den Fußballfans ist schon lange klar, dass die FIFA eine intransparente und korrupte Organisation ist. Da brauchte es keine Verhaftungen von FIFA-Funktionären durch die US-Justiz.
Viel verwunderlicher an dem Sachverhalt ist, dass sich trotz der zahlreichen Vorwürfe und Indizien der letzten Jahre am Gebaren der FIFA nicht wirklich etwas geändert hat. Trotz der Vorwürfe hält die FIFA an ihren Plänen fest und möchte an diesem Freitag einen (neuen) Präsidenten wählen. Die mafiöse Struktur scheint fast unantastbar zu sein, doch das ist sie nicht. Im Fußballgeschäft selbst wagt es kaum jemand, offen seine Meinung zu sagen, da finanzielle und sportpolitische Interessen überwiegen. Wie kann es sein, dass ein Sepp Blatter seit 1998 Präsident einer Sportorganisation ist und sich dabei wie ein „Pate“ verhält und kein Konkurrent oder keine Maßnahme ihn stoppen kann?
Das System FIFA
Die FIFA hat ein Geschäftsmodell mit einer Monopolstellung. Alle vier Jahre richtet sie die Fußballweltmeisterschaft aus und verdient damit gutes Geld. Die Vermarktung einer WM ist sehr lukrativ, zu den Einnahmen durch die Spiele kommen TV- und Sponsorengelder. An der Spitze der FIFA steht das Exekutivkomitee, das bis vor kurzem auch über die WM-Vergaben entschied. Über allem thront der Präsident wie ein Diktator, der von den Mitgliedsverbänden aus aller Welt gewählt wird. Dabei hat jeder Verband eine Stimme. Der DFB als größer Verband der Welt hat also genau so viel zu sagen wie etwa Honduras. Durch Fördergelder zeigt Blatter immer wieder die angeblich wohltätige Seite der FIFA, hält sich aber auch seine Untertanen gefügig, insbesondere in Afrika.
Die WM-Vergaben an Russland und Katar, die auch noch zeitgleich und in einem äußerst kleinen Rahmen stattfanden, liefern zahlreiche Anhaltspunkte für Korruption. Von den damaligen Bewerbungen für die WM 2022 hatte Katar die schlechteste Beurteilung. Wenn Geld eine Rolle spielt, das Klima und Menschenrechte jedoch nicht, kommt so etwas dabei heraus. Auch wenn die FIFA auf den Druck der Öffentlichkeit reagiert hat und Reformen angekündigt hat, Veränderungen gab es bisher kaum welche. Die WM-Vergabe wird nun durch alle nationalen Fußballverbände entschieden und nicht mehr durch das Exekutiv-Kommitee. Und sonst? Die Ethik-Kommision der FIFA hat ihre Ermittlungen in einem Bericht zusammen gefasst, dessen Aussage anschließend FIFA-freundlich umgeschrieben wurde. Veröffentlicht wurde dieser Bericht auch nicht, obwohl es angeblich keine Beweise für Gesetzesverstöße bei der FIFA gibt.
Mögliche Ansätze
Wo könnte man ansetzen, wenn es innerhalb der FIFA keine Möglichkeiten zur Revolution gibt?
1. Die Sponsoren: Der Druck auf und durch die Sponsoren müsste deutlich erhöht werden. Wollen sie wirklich ein solches System finanziell unterstützen oder leidet nicht auch der Ruf der Unternehmen an solchen Vorwürfen und vermutlichen Tatbeständen?
2. Die UEFA und andere, große Verbände: Selten positionieren sich die Vertreter von UEFA oder DFB in solchen Fragen eindeutig.Die UEFA möchte einen Wechsel an der Spitze der FIFA. Davon mal abgesehen stellen sich auch grundsätzliche Fragen. Haben sie die FIFA nötig? Sie könnten auch ein eigenes Turnier veranstalten bzw. eine WM boykottieren. Hier käme es vor allem auf die erfolgreichen Nationen wie Deutschland, Argentinien, Brasilien & Co an.
3. Die Fans: Der hohe Marktwert einer WM definiert sich über das Interesse von vielen Millionen Zuschauern. Möchten die Fans ein solches System, dass zumindest sehr kommerziell, wenn nicht sehr verbrecherisch ist, wirklich unterstützen?Auch die Fans haben daher eine gewisse Macht. Je weniger Menschen daran Interesse zeigen, desto eher sinken die Einnahmen. Mal ganz davon abgesehen, dass die FIFA ein gemeinnütziger (!) Verein ist. Ein gemeinnütziger Verein mit einer Rücklage von mehr als einer Milliarde Euro.
Wo geht es hier eigentlich noch um den Sport?All diese Ansätze sind realistischer, als auf einen Rücktritt Sepp Blatters zu hoffen. Denn der Schweizer sieht die FIFA als Opfer, weiß natürlich von nichts und hält seine Organisation für einflussreicher als jede Religion. In diesem Sinne: Amen.
Zu diesem Thema gibt es auch ein interessantes Sachbuch von Thomas Kistner: Fifa-Mafia. Die schmutzigen Geschäfte mit dem Weltfußball. Droemer Verlag 2012 [Zwar aus dem Jahr 2012, aber viel hat sich vermutlich nicht geändert].